Sinn der Gedankenäußerung
 

Langsam frage ich mich ernsthaft was ich hier eigentlich mache – ich mein’ welchen Zweck verfolge ich damit? Welchen Nutzen bringt es für mich hier andauernd sinnlos auf den Tasten rumzukloppen? Ist meine Umgebung nicht schon genug von meiner Anwesenheit geplagt? Und jetzt verkünde ich auch noch meine Gedanken – ich schrei sie in die Welt hinaus und hoffe irgendwo ein Ohr zu finden, welches mir zuzuhören willig ist – ein aufgeschlossenes Ohr – eines das ohne großes Vorgeplenkel meinen Text einfach in sich aufnimmt um sich dann ein Urteil zu bilden – ein Urteil welches mir sagt daß man mir gerne zuhört – das wär’ doch schön – oder? Ich glaube nicht, daß ich der einzige bin, der irgendwo ein Ohr sucht, daß ihm gerne zuhört, denn wieso soll man dem Denken fähig sein, wenn man seine Gedanken und Überlegungen nicht mitteilen kann. Großartige Denkergebnisse verkommen doch zur totalen Sinnlosigkeit, wenn diese nur einem selbst offen lägen - wenn es niemanden gäbe, der dafür etwas Interesse zeigen würde ... warum soll man auch Interesse am anderen Menschen haben (zwischengeschlechtliche Beziehungen jetzt mal ausgeschlossen)? Ich meine: was bringt jemanden dazu Interesse an den Gedanken eines anderen zu haben, wenn man doch genau weiß, daß man sein Weltbild längst geformt hat, mit all seinen unumstößlichen Festlegungen und klaren Grenzen  - eine Welt die man begreift. Wieso soll man also jetzt dieses endlich plausible Weltbild durch die Gedanken eines anderen in Gefahr bringen einstürzen zu können? Ich weiß es nicht – ich weiß nur, daß es viele Menschen machen – so auch ich ... irgendwie hat sich mein Weltbild in den letzten Jahren sehr oft gewandelt – oft durch selbstgesteuertes Nachdenken, doch eben auch weil ich die Gedanken anderer an mich heran lies, weil ich nicht meine Ohren verschlossen habe, sondern einfach nicht akzeptieren wollte, daß alles so ist, wie es mir jetzt gerade scheint – ich hab also eingesehen, daß mein Weltbild bei weitem nicht vollständig war – und auch immer noch nicht ist. Daher hab ich mich dazu ‚durchgerungen’ anderen zuzuhören – versuchte sie zu verstehen. Vielleicht konnten sie mich nicht von ihrem Bild überzeugen, aber ich nahm dort Stücken weg, die mich überzeugten und fügte sie in mein Bild ein – also ist mein Bild wie ein unendlich großes Blatt Papier, auf dem ich irgendwo anfing zu malen – und ich male immer noch – es gibt keinen Rand – keine Grenze - so ergänzte ich mein Bild immer weiter – immer wieder neu wenn ich zuhörte – wenn ich nachdachte. Doch hab ich den Radiergummi nicht weit weg gelegt, denn ich mußte schon oft erleben, wie ganze Teile meines Bildes zu einem sinnlosen – falschen – Gekrakel wurden – so radierte ich diese Stellen weg und ersetze sie durch die neue, aktuelle Wahrheit. Und diese Wahrheit ist durch meine Subjektivität keine Konstante – je nach neuer Situation ändert sich meine Wahrheit – somit baut nicht nur das Denken und das Zuhören ein Bild der Welt, sondern auch die Einsicht – Einsicht, die bei denen fehlt, die nicht mehr zuhören wollen – aber wem soll man so etwas verübeln? Es ist doch schön wenn man sich auf ein festes, konstantes und an allen Stellen stetiges Weltbild stützen kann – irgendwann wird jeder müde und ist froh keine Veränderungen mehr erleben zu müssen – der eine früher der andere später. Um hier nur mal schnell ein Beispiel zu nenne: Goehtes Faust gehörte zu letzteren – er strebte bis er starb, d.h. er erneuerte sein Weltbild sein Leben lang – er legte sich nicht fest – er wollte immer neues wissen. Also wäre dieser Faust jemand gewesen, der mir zugehört hätte ... vielleicht. Nun und da sind wir schon wieder da, wo wir angefangen haben – bei der Frage: „Hört mir überhaupt jemand zu“ oder „Hat meine Gedankenäußerung Sinn?“. Nun in dem Moment, in dem jemand dies hier liest, der nicht ich ist – in diesem Moment lautet die Antwort wohl ‚ja’. Ansonsten hätte ich nur für mich geschrieben – und das ist in dieser Art und Weise etwas sinnlos, da ich ja meine Gedanken, welche ich selber kenne hier niederschreibe – also warum sollte ich sie lesen, wenn ich sie doch schon längst verinnerlicht habe? Man könnte meinen ich schreibe mit der Absicht einen Zuhören zu finden ... so muß es wohl sein, weil sonst all die Mühe, wie schon erwähnt, sinnlos wäre.

In der Hoffnung einen Zuhörer zu finden

                shito13
  
             19.12.2001 – 23.50 Uhr


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